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In christlichen Kalendern heißen die Wochen nach Ostern österliche Freudenzeit. Dies ist, realistisch betrachtet, eher ein Wunsch als eine Beschreibung. Wer Osterferien hat, genießt diese sicherlich. Doch danach sind auch meistens Süßigkeiten restlos verputzt und die Normalität geht wieder los. Wie soll oder kann ich denn die Auferstehung des Herrn über den Ostertag hinaus in meinem Leben als Freude erfahren?
Mir geht ein Satz Friedrich Nietzsches nicht aus dem Sinn: Die Christen müssten erlöster aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte. Das trifft mich persönlich sehr hart. Denn ich bin kein Mensch, der immer ein Lächeln auf dem Gesicht trägt. Ich finde die Haken an einer Sache schneller als ich eine Freude deutlich zeigen würde.
Insofern habe ich selbst ein Interesse daran, dass ich, dass wir fröhlicher in die Welt schauen, als wir es zumeist tun, zuerst in der österlichen Freudenzeit.
Wie schon gesagt, die Einwände kommen immer zuerst: Ich habe so viel zu tun, so viele Sorgen, ökologische und ökonomische und politische, Krankheit und Tod, da habe ich keine Energie übrig. Vielmehr könnte ich eine Kraftquelle brauchen, eine Tankstelle, die ich jederzeit anzapfen kann, damit mich die Sorgen nicht überwältigen.
Aber die haben wir doch in der Kirche, jeden Sonntag feiern wir die Auferstehung Jesu, das russische Wort für Sonntag bedeutet wörtlich Auferstehung. Doch was heißt, was bedeutet Auferstehung für mich heute? Wie sieht Auferstehung in meinem Leben konkret aus?
Paulus schreibt in seinem ältesten erhaltenen Brief an die Thessalonicher: Gott habe uns wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Das – missverständliche – Wort Wiedergeburt, welches Paulus hier anstelle der Auferweckung benutzt, interpretiert er dahingehend, dass eine Hoffnung in uns Menschen erstanden ist, eine lebendige Hoffnung. Tatsächlich würden wir ein Leben ohne Hoffnung als eigentlich tot bezeichnen. Welches sind denn die Bilder und Vorstellungen, die uns am Leben erhalten, uns ermutigen und vorantreiben? Welche Hoffnung belebt uns, macht ansonsten totes zu lebendigem Dasein? – Die
sozialistische Weltrevolution ist es für die meisten sicher nicht (mehr), technische Visionen haben ihre Überzeugungskraft eingebüßt, sind doch die problematischen Nebenwirkungen z.B. der „künstlichen Intelligenz“ offensichtlich. Die Vollbeschäftigung evoziert auch nicht bei allen Glücksgefühle und ein dauerhafter weltweiter
Friede scheint so utopisch und märchenhaft zu sein wie das Schlaraffenland.
Und angesichts dieser Litanei ausgedienter Hoffnungsbilder komme ich jetzt ausgerechnet mit der Auferstehung Christi? Die ist doch schon eine Weile her, hat also weder Neuigkeitswert noch hat sie Nachahmer hervorgebracht. Richtig.
Aber stellen Sie sich doch einmal vor, wir alle würden mit diesem Gedanken Ernst machen: Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort im Leben. Die Macht des Todes als unabänderliches Ende des Lebens, sein Potential als Bedrohung, seine Kraft als Angstmacher sind gebrochen. Wir Christen könnten ohne Angst miteinander leben. Wir sind sicher, dass eine Welt kommt, die Christus mit seinen Bildern vom Reich Gottes beschrieben hat. Denn Gott hat mit der Auferweckung Christi all seine Worte bestätigt. Unsere Schuld hindert uns nicht mehr, hier und jetzt fröhlich zu leben.
Weil wir darauf vertrauen, dass wir alle uns in Gottes Ewigkeit wieder begegnen werden, ungehindert, frei und schön. Das Leben hier auf der Erde wäre gewissermaßen wie die Schule, die uns vorbereitet auf das eigentliche Leben bei Gott. Und wir genießen diese „Schulzeit“, weil sie ein Vorgeschmack auf das Kommende ist.
Weil sie uns lehrt, ein neues Leben aus Vertrauen in Gott zu führen, das vom altem Leben in Angst gänzlich verschieden ist. Wäre das nicht eine wirkliche österliche Freudenzeit?
Ihr Pfarrer Gabriel Beyer
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